Studienbestand: 
Datenbank AIS Fallstudien
StudyID: 
s0077

Mehr als Monotonie und Zeitdruck

Beteiligte Mitarbeiter
Dabrowski, Hartmut
Marstedt, Gerd
Mergner, Ulrich
Institutioneller Anbindung
Universität Göttingen, Abteilung für medizinische Soziologie
Gefördert durch
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Studienlaufzeit
Juni 1984 - September 1987
URL zur Studie
Kurzbeschreibung

Es wird der Frage nach der Konstitution und Ausformung psychischer Belastungen im Betrieb und den subjektiven Erfahrungs- und Bewältigungsmustern bei un- und angelernten Beschäftigten im Bereich repetitiver Teilarbeit nachgegangen (S. 22).

Ziel

'Unser Erkenntnisinteresse bei der Analyse psychischer Belastungen durch Arbeit war (...) in sehr starkem Maße auf Einflußmomente und Auswirkungen der 'betrieblichen Rahmenbedingungen' gerichtet' (S. 39). Zum einen interessierte, wie sich die betriebliche Arbeits- und Sozialordnung direkt im betrieblichen Alltag niederschlägt, zum anderen '(...) inwieweit die besondere Kompromißstruktur der Arbeitsbeziehungen jene 'tätigkeitsspezifischen' psychischen Belastungen differenziert und überformt (...)' (S. 39).

Theoriebezug
Ausgangspunkte der theoretischen Diskussion sind: 1.) Krise der Arbeitsgesellschaft; 2.) fortschreitende Rationalisierung: dabei v.a. '(...) Tendenzen, die eine fortschreitende Unterwerfung der Beschäftigten unter betriebliche Verfügungsmacht und eine Loslösung aus dem Schutz und Widerstandsrückhalt kollektiver Organisation befördern' (S. 12) (vgl. Beck 1986, Linne/Voswinkel 1985, Kern/Schumann 1984); 3.) Wertewandel im Sinne von neuem Ökologie- und Gesundheitsbewusstsein sowie erstarkenden Partizipations- und Demokratisierungsansprüchen (S. 12).
Geografischer Bezug
Deutschland
Erhebungszeitraum
März 1985 - April 1986
Informationen zur Datenerhebung
Intensiverhebungen in sechs Betrieben (S. 45f.): 1.) 68 Einzelinterviews, von ca. 2 Stunden Dauer, halboffen mit Leitfaden, die Auswahl der befragten verlief nach einem Zufallsverfahren; 2.) 13 Gruppendiskussionen mit jeweils 5-6 Beschäftigten, von jeweils 2-3 Stunden; 3.) 78 Expertengespräche, Dauer zwischen 1-6 Stunden; 4.) Arbeitsplatzbeobachtungen- und analysen; 5.) Dokumentenanalyse.
Fallzahlen
6 Betriebe
Falldarstellung
Die sechs Untersuchungsbetriebe werden zunächst einzeln vorgestellt (S. 41-45), in der weiteren Ausführung und Präsentation der Ergebnisse aber nicht mehr beispielhaft erwähnt. "In unserer Darstellung wird dieser Erkenntnisprozeß (Anm.: durch kategoriale Durchdringung wurden Einzelphänomene zu übergreifenden Strukturelementen) allerdings kaum mehr deutlich; wir haben auch bewußt darauf verzichtet, die konkreten Beispiele und Indikatoren für die Kennzeichnung bestimmter betrieblicher Handlungs- und Gestaltungsprinzipien (...) einzelnen Betrieben zuzuordnen" (S. 52).
Selbstdefinition
"Intensiverhebung" (S. 41); der Begriff Fallstudie wird nicht verwendet.
Auswahl
Industrie und Dienstleistungssektor: je ein Betrieb aus dem Versandhandel, der Glas/Keramik-Verarbeitung, der metallverarbeitenden Industrie, dem Straßenfahrzeugbau und zwei aus der Kunststoffverarbeitung. Die Auswahl wurde durch vorherige Betriebsbegehungen und explorativen Gespräche in 27 Betrieben in 7 Branchen getroffen (S. 40).
Überblick Methoden
Es gibt ein Methodenkapitel (S. 46ff.): In diesem wird das verwendete methodische Vorgehen erklärt und reflektiert. Das Herangehen an das Untersuchungsfeld war durch ein 'relativ offenes Problemverständnis' (S. 47) gekennzeichnet, durch Lektürestudien und explorative Gespräche in Betrieben und durch Arbeitsplatzbeobachtungen kam man zu einer Definition des Begriffs der 'psychischen Belastung'. Bei der Interpretation betrieblichen Handelns wurde das methodische Prinzip der "cross-examination" verwendet.
Ergebnisse
Es gibt kein zusammenfassendes Ergebniskapitel. In den einzelnen Kapiteln wird auf die soziale Konstitution psychisch belastender Arbeitsbedingungen eingegangen, die Struktur belastender Arbeitsbedingungen in der produktivistisch und sozialtechnokratisch geprägten Form betrieblicher Arbeits- und Sozialordnung untersucht, die Belastungserfahrung und -bewältigung der Arbeitnehmer eruiert, sowie Ansatzpunkte und Perspektiven zur Verbesserung psychisch belastender Arbeitsbedingungen gegeben. "Ein wesentliches Ergebnis unserer Untersuchungen ist wohl darin zusehen, dass die typisierende Differenzierung betrieblicher Arbeits- und Organisationsgestaltung mit Hilfe des Konzepts der Arbeits- und Sozialordnung damit einhergehende systematische Unterschiede zwischen betrieblichen Belastungskonstellationen und erlebten Beeinträchtigungsqualitäten zu identifizieren und zu erklären vermag" (S. 33). Die Befunde verweisen auch auf einen allgemeinen Aspekt normativen Wandels (S. 34).

Datensätze / Materialien

Relevante Publikationen

  • Dabrowski, Hartmut (1989): Mehr als Monotonie und Zeitdruck.
    Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag