Studienbestand: 
Datenbank AIS Fallstudien
StudyID: 
s0125

Sozialpartnerschaft im Umbruch

Beteiligte Mitarbeiter
Kädtler, Jürgen
Sperling, Hans-Joachim
Institutioneller Anbindung
Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI)
Gefördert durch
DFG-Projekt im Rahmen des Schwerpunkts "Regulierung und Restrukturierung der Arbeit in den Spannungsfeldern von Globalisierung und Dezentralisierung". Abgeänderte Version ist zugleich Habilitation an der Uni Göttingen (2005).
Studienlaufzeit
1996-1999
URL zur Studie
Kurzbeschreibung

Die Systeme industrieller Beziehungen befinden sich in entwickelten Industrieländern im Umbruch. Häufig wird davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Entwicklung um unausweichliche Konsequenzen der Globalisierung, insbesondere der Finanzmarktglobalisierung handelt. Demgegenüber vertritt der Autor die These, '(...) dass es objektiv begründete, eindeutige Sachzwänge 'der' Ökonomie auch unter den Bedingungen 'der' Globalisierung nicht gibt (...)' (S. 12). Die Wirksamkeit entspringt nicht den objektiven Sachzwängen, sondern '(...) ergibt sich vielmehr erst im Rahmen von und in Bezug auf die Strategien handelnder Subjekte' (S. 12). Hauptthese: Bedeutungsverlust geografischer Distanz ist verbunden mit einer drastischen Zunahme sozialer Distanzen (S. 12). Leithypothese: Im Spannungsverhältnis von Finanzmarktorientierung, historisch gewachsenen und für die Zukunft angestrebten Kernkompetenzen sowie gegensätzlichen Orientierungen innerhalb des Managements gerade in den großen, aus der Verbundchemie heraus entstandenen Konzernen ist mit diskontinuierlichen Prozessen der Strategiewahl zu rechnen (S. 63).

Ziel

Im weitesten Sinne theoretisch-konzeptionelle Weiterentwicklung der Debatte zur Globalisierung.

Theoriebezug
Kapitel 1 führt ausführlich ein in die Grundlagen industrieller Beziehungen (insbesondere unter Auswirkungen der Globalisierung), unter Rückgriff auf die Bedingungen des Fordismus, bzw. der Krise des Fordismus. U.a. Anknüpfung an 'kollektive Primärmachtspositionen' (Jürgens 1983), das Machtkonzept von Crozier/Friedberg (1993).
Geografischer Bezug
Deutschland
Erhebungszeitraum
1997-2000; Nachrecherchen bis Frühjahr 2006
Informationen zur Datenerhebung
1.) Dokumentenanalyse; 2.) leitfadengestützte Interviews mit Management (43), Betriebsräten (ins. 45), Gewerkschaftsvertretern der örtlichen oder zentralen Ebene (8), sowie betrieblichen und außerbetrieblichen Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsräten (S. 64). "Für ein Unternehmen konnte zusätzlich auf Erhebungen eines arbeitssoziologischen Parallelprojekts zurückgegriffen werden" (S. 64).
Fallzahlen
3 Fälle = 3 Konzerne; zusätzlich kürzere Recherchen in 5 weiteren Betrieben
Falldarstellung
Die drei Hauptfälle werden in je einzelnen Kapitel ausführlich dargestellt (3, 4, 5; S. 89-254). Die Fälle der kürzeren Recherchen werden in Kap. 6 zusammengefasst (S. 254-283).
Selbstdefinition
"Fallstudien" als "Verlaufsstudien" (S. 64); Unternehmen wurden in mehreren Erhebungswellen erhoben (ebd.).
Auswahl
Die "Großen Drei" der Chemie- und Pharmaindustrie: Hoechst, Bayer, BASF. Darüber hinaus Recherchen bei Boehringer-Mannheim/Roche-Diagnostics, Dystar, Continental und 2 weiteren Pharmabetrieben (S. 63). Auch an einem US-Standort wurde recherchiert.
Überblick Methoden
Die empirischen Basis der Untersuchung wird auf zwei Seiten kurz umrissen: die Auswahl der drei Unternehmen, der Erhebungsinstrumente, der mehrstufigen Erhebung (S. 63f.). Die drei großen Fallstudien waren als Verlaufsstudien angelegt (S. 64). Ansonsten Hinweis auf Verallgemeinerungsziel: Gegenstand der Untersuchung war die Chemiebranche, '(...) die dabei gewonnenen Einsichten und die aus ihnen gezogenen Schlussfolgerungen weisen aber ausdrücklich über das unmittelbare Untersuchungsfeld hinaus' (S. 14).
Ergebnisse
In Kapitel 8 werden auf der Grundlage der Empirie allgemeine Schlussfolgerungen gezogen. Es wird konstatiert, dass weder Globalisierung noch der Finanzmarktkapitalismus eindeutige und hermetische Zwänge auf die Betriebs- und Unternehmensebene darstellen: "Vielmehr kommt es im Gefolge der strategischen Neuausrichtung der Unternehmen zu einer beträchtlichen Erosion dreier anderer Stabilitätsbedingungen des konfliktpartnerschaftlichen Arrangements" - dem Bruch mit wesentlichen Konventionen ("Geist des sozialpartnerschaftlichen regulierten Kapitalismus"), der Aufspaltung vormals einheitlicher Wertschöpfungs- und Branchenzusammenhänge, sowie dem Bedeutungsverlust der Gewerkschaften als politisch-gesellschaftliche Regulierungsinstanz (S. 306ff.). Im Anschluss an diese Analyse werden wesentliche Bedingungen für Entwicklungsperspektiven des Systems industrieller Beziehungen formuliert (S. 321).

Datensätze / Materialien

Relevante Publikationen

  • Kädtler, Jürgen (2006): Sozialpartnerschaft im Umbruch.
    Hamburg: VSA-Verlag