Studienbestand: 
Datenbank AIS Fallstudien
StudyID: 
s0172
Letze Aktualisierung der Studie: 
Do, 2015-10-22

Das Gesellschaftsbild des Arbeiters

Projektleitung
Popitz, Heinrich
Beteiligte Mitarbeiter
Bahrdt, Hans Paul
Jüres, Ernst August
Kesting, Hanno
Bendix, Edmund
Gollnick, Klaus
Krückeberg, Gerhard
Musso, Arne
Pünnel, Leo
Rittel, Horst
Institutioneller Anbindung
SFS Dortmund
Gefördert durch
Finanzielle Förderung durch die Rockefeller Foundation
Studienlaufzeit
1953 und 1954
URL zur Studie
Kurzbeschreibung

Insgesamt geht es um die Frage, wie sich Industriearbeiter ihre gesellschaftliche Umwelt verständlich machen: Wie sehen die Reaktionen von Arbeitern auf die Abhängigkeit des Einzelnen von weitgehend inkommensurablen gesellschaftlichen Verhältnissen aus? (S. 4) Wie sehen Verwandlungs- und Anpassungsprozesse der marxistischen Ideologie aus und welches sind die Funktionsmöglichkeiten für den Einzelnen? (S. 5) Wie reagieren die Industriearbeiter auf den ungewöhnlichen Anspruch, der an die Aktivität ihrer Gesinnung gestellt wird? (S. 5) Welche Chancen haben die Industriearbeiter auf Grund ihrer eigenen Erfahrung und der ihnen zugänglichen Informationsquellen, sich über politische, wirtschaftliche und soziale Ereignisse zu informieren - und wie nutzen sie diese Chancen? (S. 5) Welches sind die Unterschiede des Denkvermögens, der Urteilsfähigkeit, der Vorstellungskraft, des Erfahrungsreichtums, der politischen Interessen und der Selbstkritik innerhalb der Arbeiterschaft? (S. 6).

Ziel

'Einstellung der Arbeiter zur Gesellschaft ist Sinnbild der politischen Aktion' (S. 5). Ziel: Das Gesellschaftsbild des Arbeiters herauszufinden und anhand dessen auf Gesellschaftsstrukturen, individuelle Möglichkeiten des politischen Handelns und Arbeitsstrukturen schließen zu können.

Theoriebezug
Die Autoren bauen ihre Fragestellungen nicht konkret auf bestimmte Theorien auf; in der Hinleitung zum Thema wird öfters Hegel zitiert, sowie immer wieder im Text auf die marxistische Ideologie verwiesen.
Geografischer Bezug
Deutschland
Erhebungszeitraum
Neun Wochen (S. 10)
Informationen zur Datenerhebung
Verfasser des Berichts wohnten ca. 9 Monate im "Ledigenheim" des Werkes (S. 10). Befragung von 600 Arbeitern eines kombinierten Hüttenwerks im Ruhrgebiet (S. 9) anhand eines "Fragen-Schemas"; Dauer i.d.R. mehr als zwei Stunden (S. 10), Ort der Befragung: Betrieb; Auswahl der Befragten durch bewusste Auswahl (S. 26); genaue Darstellung des Erhebungsverfahrens im Methodenkapitel I.2; Stenographische Notizen während des Interviews, wenn sie den Befragten "offensichtlich nicht stören" (S. 13). Darüber hinaus sollten sich die Interviewer die Aussagen "möglichst wörtlich merken" (S. 13).
Fallzahlen
600 Befragungen
Falldarstellung
Sehr viele Zitate der Befragten im Text und bei den einzelnen Fragestellungen, anhand derer auf Ergebnisse geschlossen wird; quantitative Zahlen der statistischen Auswertung werden genannt.
Selbstdefinition
"Befragung" von Arbeitern
Auswahl
Hüttenindustrie
Überblick Methoden
Die methodische Durchführung wird im Buch sehr genau dargestellt und auch begründet (z.B. genaue Darstellung des Fragebogens und der Befragungstechnik sowie Auswahl der Befragten, siehe dazu Kapitel I.2), 'Zusammenfassend können wir unsere Auswahl als nicht repräsentative Stichprobe bezeichnen, die sich jedoch an der arbeitssoziologischen Struktur eines Hüttenwerks orientiert und innerhalb der einzelnen herangezogenen Gruppen auf einer Wahrscheinlichkeitsauswahl beruht' (S. 29).
Auswertung
Ausarbeitung der Protokolle dauerte ca. 4 Stunden (S. 184). Auswertung: Verschlüsselung der Protokolltexte, dadurch Quantifizierung, Übersicht über den Bestand der Stellungnahmen. Wechselspiel zwischen Schema und Einzelfall (S. 184); keine genaue Darstellung der statistischen Auswertungsverfahren, wird aber kurz erwähnt und begründet (S. 29).
Ergebnisse
Technischer Fortschritt wird sehr unterschiedlich bewertet (S. 72ff.); divergente Einstellungen zur Mitbestimmung, von resigniert über teilnahmslos bis hin zu positiv (S. 156ff.); Gesellschaft wird als dichotom wahrgenommen, "oben" und "unten" haben stabilisierende Wirkung für den Einzelnen (S. 201ff.); Identifikation von "Typen des Gesellschaftsbildes" (S. 184ff.). Arbeiterbewusstsein enthält zwei verschiedenartige Elemente: "Leistungs-" und "Kollektivbewußtsein", beides ist Identitätsgrundlage und dient der Abgrenzung nach außen (S. 237). Insgesamt kennzeichnen die Autoren das gesellschaftliche Denken der Arbeiterschaft in den 1950er Jahren als Übergang. Die Befunde werden aus den erhobenen Daten abgeleitet, dabei fließt die marxistische Theorie mit ein; ein eigenes Interpretationskapitel gibt es nicht.

Datensätze / Materialien

Relevante Publikationen

  • Popitz, Heinrich (1957): Das Gesellschaftsbild des Arbeiters.
    Tübingen: J.C.B. Mohr