Subjektivierte Taylorisierung

Beteiligte Mitarbeiter
Voß, G. Günter
Matuschek, Ingo
Arnold, Katrin
Institutioneller Anbindung
TU Chemnitz
Gefördert durch
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
URL zur Studie
Kurzbeschreibung

Die Fragestellung orientiert sich an der sehr flexiblen (und damit für die Beschäftigten teils prekären) Situation von Callcentern, welche einem ständigen Druck unterliegen, outgesourct oder umgelagert werden. Die Aufgabe, welche sich die Forscher stellen ist, 'in vergleichender Perspektive (...) die unterschiedliche Bearbeitung dieses strukturellen Problems durch beide Seiten - Arbeitsorganisation wie Arbeitende' zu untersuchen (S. 11).

Ziel

Die Studie erhebt den Anspruch auf 'gesellschaftstheoretische Perspektive und Generalisierung' (S. 42).

Theoriebezug
Als theoretischer Background der Studie werden unter anderem mesosoziale Ansätze herangezogen, welche 'Call Center als Kristallisationspunkte für neuartige Beschäftigungsverhältnisse' (S. 17) (D'Alessio/Oberbeck 1999; Weinkopf 2002), bzw. 'Call Center als Ausdruck einer veränderten Dienstleistungskultur und flexibilisierter Organisationsschemata' (Holtgrewe/Kerst 2002; Kleemann/Matuschek 2003); Call Center als 'organisationale Grenzstellen zwischen Unternehmen und ihrer Umwelt' (S. 19) (Frenkel et al. 1999). In Kapitel 2 wird auf knapp 20 Seiten der Stand der Forschung zum Thema Call Center dargestellt.
Geografischer Bezug
Deutschland
Erhebungszeitraum
Sommer 2002 bis Sommer 2003
Informationen zur Datenerhebung
Die Untersuchungsmethoden werden ausführlich auf S. 40ff. dargestellt: 1.) Arbeitsplatzbeobachtungen; je 7 Tage lang von je drei Forschenden; die erstellten Protokolle wurden zur Auswertung hinzugezogen. 2.) Interviews mit Managern, Teamleitern, Agenten und betrieblichen Interessenvertretungen; Übersicht über die realisierten Interviews nach Fällen und Interviewpartnern auf S. 40; Fall 1: 2/3/12/1; Fall 2: 2/4/11/1; Fall3: -/1/8/-; Fall 4: 2/1/7/-; Fall 5: 5/3/12/1; Fall 6: 4/8/22/2.; 3.) mehrere eintägige Besuche in den unterschiedlichen Call Centern außerhalb des Samples; hierbei konnten 12 Interviews mit Managern und Betriebsräten realisiert werden. 4.) früher (1999) erhobene Daten aus einer Direktbank (1/4/10/-). 5.) Telefoninterviews, bzw. direkte Gespräche mit "einschlägig agierenden Vertretern von elf Landesämtern bzw. Agenturen für Wirtschaftsförderung" (S. 41.) Erhebung zur Ermittlung von "Gegenhorizonten"; nur mittelbarer Einfluss in die Ergebnisse der vorliegenden Studie. Interviews wurden als Leitfadeninterviews konzipiert. Interviewdauer: zwischen 70 und 120 Minuten, in der Regel 90 Minuten; Befragung während der Arbeitszeit; Auswahl unterlag den Forschenden; die Interviewleitfäden von Agenten und Teamleitern unterschieden sich nur um Fragen bzgl. der Führungsverantwortung; die Experteninterviews zielten auf "Gestaltungsräume des lokalen abteilungsbezogenen Managements bzw. dessen Abhängigkeit von übergeordneten Entscheidungen zu untersuchen" (S. 41).
Fallzahlen
6 Betriebe = 6 Fälle
Falldarstellung
In verschiedenen Feld- und Fallskizzen werden die jeweiligen Branchen dargestellt und die in ihnen erhobenen Unternehmen betrachtet (S. 43ff.). In Kapitel 3.2.5 (S. 74ff.) werden die Rechtsformen und Personalstrukturen verglichen. Auch in der querdimensionalen Auswertung der verschiedenen Themengebiete in den Kapiteln 4 und 5 wird jeweils jeder Fall dargestellt. Alle Fälle werden analog aufbereitet.
Selbstdefinition
Die Herangehensweise wird als "Fallstudie" beschrieben (vgl. S. 39).
Auswahl
Call Center in verschiedenen Branchen: Finanzdienstleister; Verkehrssystem Bahn; IT-Branche; Telekommunikation. "Untersucht wurden zwei outgesourcte Center der DialogBank, ein Inhouse-Center einer Sparkasse, eine technische Supportline, ein Center der Dbdialog sowie vier strukturell ähnliche Call Center einer Regionalniederlassung der T-Com" (S. 2). Siehe dazu auch Tab. 1, S. 40.
Überblick Methoden
Kapitel 3 beschreibt die 'Methoden, Untersuchungsfelder und Partner der Fallstudien'. Insbesondere wird hier auf die Wirkungsweise der Interviewführung und die Durchführung der Interviews eingegangen. Konstruktion und Aufbau des Leitfaden werden aufgezeigt: Ansprache von verschiedenen variablen Themengebieten: '1.) Kommunikation als Arbeitssituation (Kommunikationsarbeit); 2.) Individuelles Arbeitshandeln (Sacharbeit) und soziale Beziehungen; 3.) Betriebliche Arbeitsorganisation und Technologie; 4.) Qualifikation und berufliche Bildung, Erwerbsbiografie; 5.) Arbeit und Leben; 6.) Gestaltungswünsche und Erwerbsperspektive' (S. 41).
Auswertung
Die Interviews wurden transkribiert und mit MaxQDA bearbeitet. Die Auswertungen erfolgten nach den Prinzipien der "Dokumentarischen Methode", besonders wurde dabei auf "Relevanzsetzung, der Kontrastierung innerhalb und zwischen den Fällen sowie im bezüglich identischer Textstellen eingenommenen Perspektivwechsel des Interpretierens" (S. 42) geachtet (in Anlehnung an Bonhsack 1999). Die Auswertung durchlief zwei Schritte der formalen Analyse: "a) Interaktionskontrolle und formale Sprachanalyse; b) Analyse der thematischen Strukturierung" (S. 42); bei letzterem wird zunächst der Interviewverlauf untersucht, dann erfolgt die Feststellung angesprochener Themen im Kodierverfahren (Verwaltung via MaxQDA). Es folgen zwei inhaltlich orientierte Schritte: "c) inhaltsbezogene Rekonstruktion, zunächst Fallweise entlang thematischer Schwerpunkte" und letztendlich d) "zusammenfassende Interpretation im Rahmen einer Falldarstellung mit abschließender Typologisierung."
Ergebnisse
Die zentralen Ergebnisse der Fallstudien werden jeweils getrennt dargestellt (Kap. 4 und 5), abschließend werden allgemeine gesellschaftliche Schlussfolgerungen gezogen (Kap. 6). Die subjektivierte Taylorisierung führt nach Meinung der Autoren zu einer neuen Art der Entfremdung der Beschäftigten, welche in - für sie - immer prekärere Flexibilisierungsdilemma gezogen werden, sowie durch subtile Herrschaftsformen der Selbstoptimierungsmechanismen Freiräume des Privatlebens opfern und wegbrechen sehen.

Datensätze / Materialien

Relevante Publikationen

  • Voß, G. Günter (2007): Subjektivierte Taylorisierung.
    München, Mering: Hampp