Von der Hierarchie zum Diskurs? Die Zumutungen der Selbstregulation

Projektleitung
Minssen, Heiner
Beteiligte Mitarbeiter
Wittel, A.
Flake, C.
Institutioneller Anbindung
Universität Bochum, Institut für Arbeitswissenschaft
Gefördert durch
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Studienlaufzeit
1996-1998
URL zur Studie
Kurzbeschreibung

'Im Zentrum unserer Analyse steht demzufolge erstens die Frage, weshalb Organisationen vertraute Rationalisierungspfade verlassen und sich den riskanten Turbulenzen neuer Organisations- und Arbeitsformen aussetzen. Zweitens wird Gruppenarbeit aus der Sicht der Betroffenen, der Gruppenmitglieder betrachtet, ohne - wie üblich - apriori einen Humanisierungsgewinn durch Gruppenarbeit zu unterstellen. Statt dessen Fragen wir nach den unbeabsichtigten Folgen der Selbstregulation und der Art und Weise, wie die Betroffenen deren Zumutung bewältigen' (S. 13).

Ziel

Abgrenzung zur 'Aktionsforschung', 'Nicht Veränderung, sondern Kennen lernen des Feldes ist Ziel ethnographischer orientierter Forschung' (S. 101), Anwendungsorientierung als Nebenprodukt.

Theoriebezug
Ausführlicher Theoriebezug und Interpretation der Ergebnisse: Überlegungen zu Gruppenarbeit aus der Arbeitspsychologie (Kap. 2), Gruppenarbeit als 'diskursive Koordinierung' (Kap. 3), organisationssoziologische und -sozialpsychologische Annahmen (Kap. 4), eigene Überlegungen zu einem 'Konzept der Selbstregulation' (Kap. 5).
Geografischer Bezug
Deutschland
Erhebungszeitraum
1996-1998
Informationen zur Datenerhebung
In Kürze zusammengefasst auf Seite 101: 1.) Dokumentenanalyse über Einführung von Gruppenarbeit; 2.) Pro Betrieb 4-7 Experteninterviews mit Geschäftsleitung und Betriebsräten. Diese Experteninterviews wurde ohne Leitfaden geführt, Rolle des Interviewers beschränkte sich auf vorsichtiges Nachfragen. Interviews wurden aufgezeichnet. 3.) Pro Betrieb mehrwöchige Beobachtung (Betrieb A: 2 Forschende je 5 Wochen, Betrieb B: beide je 4 Wochen, Betrieb C: ein Forscher 3 Wochen). Betrieb A "teilnehmende Beobachtung", Betriebe B und C "dabeistehende" Beobachtung (S. 102). Zahlreiche Betriebsbesuche. Während der Feldforschung standen v.a. "unstrukturierte Gespräche" im Vordergrund (ebd.), aber auch Teilnahme an Weiterbildungsseminaren, an Gruppengesprächen sowie Sitzungen von übergeordneten Gremien; handschriftliche Protokollierung (bzw. Gedächtnisprotokoll), Feldtagebücher (S. 102).
Fallzahlen
3 Fälle = 3 Betriebe
Falldarstellung
Die Betriebe werden jeweils einzeln dargestellt und tauchen auch im Verlauf der Veröffentlichung immer wieder auf. Im Anhang werden sie zudem mit ihren Merkmalen und den spezifischen Einführungsprozessen dargestellt.
Selbstdefinition
Keine explizite Bezeichnung gefunden.
Auswahl
3 mittelständische Betriebe in der Maschinenbaubranche in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit jeweils ca. 750-800 Beschäftigten (S. 237). In den 3 Betrieben wurden insgesamt 7 Fertigungsgruppen untersucht (S. 102)
Überblick Methoden
Das Methodenkapitel findet sich auf den Seiten 92-104. Zusätzlich Aufbereitung der Daten im Anhang (S. 237-242). Minssen beschreibt den 'Königsweg' (Kudera 1992) industriesoziologischer Datenerhebung - die Fallstudie - und grenzt sich bisweilen kritisch ab. V.a. Kritik daran, dass häufig Generalisierung implizit das Ziel ist und Experten als bloße Informanten, nicht als 'Subjekte' gesehen werden (S. 93). Übliches methodisches Instrumentarium der Industriesoziologie reicht daher nicht aus, um die angestrebte 'Nahaufnahme' der Folgen betrieblicher Rationalisierung zu verwirklichen (S. 92), daher Anleihen aus der Ethnographie. So soll das Ziel erreicht werden 'praktizierte Sozialität' zu beschreiben und analysieren (S. 97). Untersuchung ist 'explorativ' (S. 94), Ziel war 'Verstehen' (S. 99).
Ergebnisse
Kapitel 8 gibt einen Überblick über Probleme und Folgen von Gruppenarbeit und ihrer Einführung, Lösungsmöglichkeiten, etc. Zusammenfassung der Ergebnisse erfolgt in Kapitel 9: Orientierung an Rationalisierungsmythen als Grund für die Einführung von Gruppenarbeit ist kein Erfolgsversprechender Weg; Gruppenarbeit läuft letztlich auf die Injektion eines Arbeitsverständnisses hinaus, das eher mit der Arbeit von Angestellten assoziiert wird und mit dem Arbeitsverständnis von Arbeitern zunächst einmal nicht kompatibel ist. Einführung von Gruppenarbeit produziert Unsicherheit (die Antwort der Beschäftigten darauf ist v.a. "Vorsicht") und sorgt für einen veränderten Modus von Kommunikation (S. 211ff.)

Datensätze / Materialien

Relevante Publikationen

  • Minssen, Heiner (1999): Von der Hierarchie zum Diskurs? Die Zumutungen der Selbstregulation.
    München, Mering: Hampp