Studienbestand: 
Datenbank AIS Fallstudien
StudyID: 
s0166
Letze Aktualisierung der Studie: 
Do, 2015-10-22

Subjektivierung, Verunsicherung, Eigensinn

Beteiligte Mitarbeiter
Nickel, Hildegard Maria
Hüning, Hasko
Frey, Michael
Institutioneller Anbindung
Humboldt Universität Berlin
Gefördert durch
Hans-Böckler-Stiftung
URL zur Studie
Kurzbeschreibung

Hauptfrage: 'Ob und wie sich auf betrieblicher Ebene 'Vermarktlichung' und 'Subjektivierung' der Arbeit zeigen und welche Folgen dies für die betriebliche Arbeitspolitik und die Geschlechterverhältnisse hat. Fokussiert wurde dabei insbesondere die Frage nach den Gestaltungschancen und -optionen für eine neue solidarische Arbeits- und Geschlechterpolitik. Eröffnen sich trotz (kapital-)marktorientierter Reorganisation und Subjektivierung der Arbeitskraft arbeitspolitische Perspektiven, die es Frauen und Männern gleichermaßen ermöglichen, positiv und angstfrei auf die neuen betrieblichen Anforderungen zu reagieren und kann es darüber zu einer Erweiterung von Autonomiespielräumen und Teilhabechancen der Arbeit kommen?' (S. 11).

Ziel

'Das untersuchungsleitende Interesse, das sich auch durch alle Kapitel des vorliegenden Bandes zieht, liegt in der Frage nach den Gestaltungschancen und -optionen einer das Selbstständigkeitsbedürfnis der Beschäftigten berücksichtigenden Arbeits- und Geschlechterpolitik' (S. 21).

Theoriebezug
Nach eigenen Angaben verfolgten die Autoren einen 'offenen theoretischen Rahmen', der in Kapitel 2 ausgebreitet wird. D.h. einerseits, dass nicht nur 'ein' theoretischer Ansatz verfolgt wurde, andererseits hebt es den Prozesscharakter des Forschungsgegenstands hervor (S. 29). Dabei werden zunächst die Konzepte der Vermarktlichung und Subjektivierung vorgestellt und das Verhältnis von Arbeit und Leben thematisiert.
Geografischer Bezug
Deutschland
Informationen zur Datenerhebung
1.) Dokumentenanalyse; 2.) leitfadengestützte Interviews mit ExpertInnen; 3.) zudem fokussierte Gruppendiskussionen; 4.) leitfadengestützte Beschäftigteninterviews (S.25ff.). Insgesamt 39 Interviews und 2 Gruppendiskussionen.
Fallzahlen
4 Fälle = 4 Standorte im Unternehmen
Falldarstellung
Das Unternehmen und die Betriebsfälle werden einzeln vorgestellt (Kap. 3). Die Analyse und Interpretation erfolgt nicht fallbezogen.
Selbstdefinition
"qualitativer Mehrebenenansatz" (S. 24)
Auswahl
Deutsche Bahn AG, "(...) da sich hier in verdichteter Form die generellen Umbrüche und Herausforderungen in der Arbeit ebenso zeigen wie auch Ansatzpunkte und Potenziale zu deren aktiver Gestaltung" (S. 11) (siehe auch S. 53ff.). Daraus 4 Betriebsfälle: Konzernleitung, Kundenservicezentrum, Jobservice, Zeitarbeit (S. 19). Fälle wurden nach festgelegten "Kontrastierungskriterien" ausgewählt (bzgl. Arbeitsorganisation und Arbeitsanforderungen, Arbeitszeit, Entgeltstrukturen) (siehe Tabelle S. 20).
Überblick Methoden
Im Methodenkapitel (S. 19ff.) wird das empirische Feld vorgestellt: Das Unternehmen, die Betriebsfälle daraus (und deren Auswahl), die analytische Eingrenzung des Erkenntnisinteresses und das konkrete methodische Vorgehen. Es wurde ein 'qualitativer Ansatz gewählt, der sich an dem Vorgehen der grounded theory orientiert' (S. 24). Ziel war eine 'konzeptionell dichte Diagnose' (in Anlehnung an Kromrey 2000). Im Vordergrund stand die Generierung von Hypothesen (ebd.). Die Auswahl der 'Betriebsfälle' wird begründet, der Begriff 'Fallstudie' taucht aber nicht explizit auf. Die Erhebungsinstrumente werden erläutert und auch das Sampling.
Auswertung
De Auswertung erfolgte mit Hilfe von Maxqda. Alle Interviews wurden transkribiert und anschließend verschlagwortet und verknüpft. Anschließend Analyse nach Forschungsfragen und -schwerpunkte, Generierung von Arbeitshypothesen, Vergleich der Betriebsfälle (S. 28f.).
Ergebnisse
Die Hauptergebnisse werden einleitend skizziert. Die aktuell bei der DB stattfindende Reorganisation wird als "(kapital-)markt-orientierte Rezentralisierung" bezeichnet (S. 11). Dabei zeigt sich ein neues Verhältnis von Markt und Hierarchie (ebd.). Damit gehen neue Arbeitsanforderungen für die Führungskräfte (neues "unternehmerisches" Führungsverständnis gekoppelt mit einer deutlichen Ökonomisierung und - gleichzeitig - Aufwertung der Personalarbeit) und Beschäftigten (Arbeitsverdichtung und gestiegene Komplexität bei relativ beschränkten Gestaltungsspielräumen) einher (S. 12). Zwischen den Subjektivierungschancen und -ressourcen von Führungskräften und Beschäftigten sind "strukturelle Asymmetrien" erkennbar (S. 13): während Führungskräfte aufgrund ihrer betrieblichen und individuellen Ressourcen in der Lage sind aktiv zu gestalten ("strukturierender Subjektivierung), bleibt für die Beschäftigten aufgrund ihrer verknappten Ressourcensituation häufig nur die sog. "kompensatorische Subjektivierung" (S. 13). "Unsicherheit in der Arbeit" ist die zentrale Begleiterscheinung von Vermarktlichung (S. 14). Arbeitszeitgestaltung und Qualifizierung erfolgen zunehmend markt- und ergebnisorientiert (S. 15). Die betriebliche Geschlechterpolitik wird vornehmlich durch die Logik des Marktes bestimmt, es gibt eine "Strategie der De-Thematisierung von Geschlecht" - bei gleichzeitiger "Individualisierung der Geschlechtergleichstellung" (S. 17).

Datensätze / Materialien

Relevante Publikationen

  • Nickel, Hildegard Maria (2008): Subjektivierung, Verunsicherung, Eigensinn.
    Berlin: Edition Sigma